Wie können Psychiater zur besseren körperlichen Gesundheit von Schizophrenie-Patienten beitragen?

Die Lebenserwartung von Menschen mit Schizophrenie ist um 14.5 Jahre geringer als die der Allgemeinbevölkerung. Anlässlich des WCP 2022 stellten Experten Faktoren vor, die zu dieser verkürzten Lebenserwartung beitragen, sowie Initiativen, die sich mit diesen Faktoren befassen und die den Versorgungsstandard verbessern sollen, darunter ein Expertenkonsens und neue Leitlinien.

Warum haben Menschen mit Schizophrenie eine verkürzte Lebenserwartung?

Menschen mit Schizophrenie erhalten bei körperlicher Erkrankung eine unzureichende medizinische Versorgung

Menschen mit Schizophrenie sterben im Durchschnitt 14.5 Jahre früher als die Allgemeinbevölkerung1. Hauptursache sind physische Erkrankungen, insbesondere kardiometabolische Erkrankungen.2,3 Dafür verantwortlich sind unter anderem der Lebensstil, die mit der Einnahme bestimmter Antipsychotika verbundenen kardiometabolischen Risikofaktoren und eine unzureichende medizinische Versorgung.2

Charlene Sunkel, Gründerin und Geschäftsführerin des Global Mental Health Peer Network, lieferte einen überzeugenden Nachweis für die unzureichende Versorgung von Schizophrenie-Patienten, die ärztlichen Rat suchen. Sie beschrieb ihre eigene Erfahrung, als sie einen Hausarzt wegen eines körperlichen Problems aufsuchte. Alles lief gut, bis sie nach ihren Medikamenten gefragt wurde. Als der Hausarzt erfuhr, dass sie wegen Schizophrenie behandelt wurde, interessierte er sich nicht weiter für ihre körperlichen Symptome.

Konsensbildung zur Verbesserung der kardiometabolischen Ergebnisse

Es gibt ein hohes Mass an Übereinstimmung zur Verwendung von Antipsychotika mit günstigem kardiometabolischem Profil

Um die Erkennung und das Management des kardiometabolischen Risikos bei Schizophrenie-Patienten zu verbessern, versammelten sich 115 europäische Experten für Störungen im schizophrenen Spektrum (SSD) oder für kardiovaskuläre und metabolische Krankheiten, um anhand der Delphi-Methode3 einen Konsens zu bestimmten Kernaussagen zu erzielen, erklärte Professorin Armida Mucci, Neapel, Italien.

Zu jedem der vier untenstehenden Aspekte des kardiometabolischen Risikos bei Schizophrenie-Patienten wurden drei Kernaussagen untersucht und einer Delphi-Abstimmung unterzogen:

  • Kardiometabolische Risikofaktoren 
  • Kardiometabolische Risikofaktoren im Zusammenhang mit einer antipsychotischen Behandlung
  • Unterschiede zwischen den Antipsychotika bezüglich der kardiometabolischen Profile
  • Management des kardiometabolischen Risikos3

Für jede Aussage drückten die Experten den Grad ihrer Zustimmung anhand einer 5-stufigen Likert-Skala aus: 1, stimme überhaupt nicht zu; 2, stimme nicht zu; 3, stimme zu; 4, stimme eher zu; 5, stimme vollkommen zu.

In der ersten Runde wurde für alle Aussagen ein Konsens von mehr als 85 % (d. h. Stufe 3, 4 und 5 auf der Likert-Skala) erreicht.

85% Zustimmung zur Aussage, dass Psychiater für das Management des kardiometabolischen Risikos verantwortlich sein sollten  

Professorin Armida Mucci unterstrich insbesondere die hohe Übereinstimmung in Bezug auf das erhöhte kardiometabolische Risiko von Patienten mit SSD (98 % Zustimmung) und hob die Bedeutung einer Änderung des Lebensstils (100 % Zustimmung) und der Behandlung der Risikofaktoren (98 % Zustimmung), einschliesslich der Verwendung von Antipsychotika mit einem günstigen kardiometabolischen Profil (99 % Zustimmung) hervor.3 

Darüber hinaus waren 85 % der Befragten der Meinung, dass Psychiater die Verantwortung für das Management des kardiometabolischen Risikos übernehmen sollten.3

Leitlinien zum Schutz der physischen Gesundheit von Schizophrenie-Patienten

Patienten sollte eine regelmässige Überwachung des Gesundheitszustand vorgeschlagen werden, um die Übersterblichkeit zu senken

Leitlinien spielen eine Schlüsselrolle beim Schutz der physischen Gesundheit von Patienten mit Schizophrenie, betonte Professor Wolfgang Gaebel, Düsseldorf, Deutschland, Verantwortlicher der Leitungsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik (DGPPN), die die S3-Leitlinie für Schizophrenie erarbeitet hat.4

Er verwies auf folgenden Empfehlungen aus der Leitlinie, die für die physische Gesundheit von Schizophrenie-Patienten relevant sind:4

  • Bei jedem neuen Patienten sollten umfassende differentialdiagnostische Tests und Screenings auf organische Ursachen durchgeführt werden (bei Patienten im späteren Krankheitsverlauf sollte abgeklärt werden, ob diese Tests durchgeführt wurden und sie sollten, bei Bedarf, angeboten werden).
  • Man sollte sich bei den Patienten nach klinischen Symptomen erkunden, die auf typische medizinische Komorbiditäten hinweisen, und diese bewerten.
  • Es sollte eine regelmässige Überwachung und Behandlung von Bluthochdruck, abnormalen Lipidwerten, Adipositas, Diabetes oder Diabetesrisiko, Tabakkonsum und Bewegungsmangel angeboten werden.4

Es sollte eine regelmässige Überwachung und Behandlung von Bluthochdruck, abnormalen Lipidwerten, Adipositas, Diabetes oder Diabetesrisiko, Tabakkonsum und Bewegungsmangel angeboten werden

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References

  1. Hjorthøj C, Stürup AE, McGrath JJ, Nordentoft M. Years of potential life lost and life expectancy in schizophrenia: a systematic review and meta-analysis. Lancet Psychiatry. 2017;4(4):295–301.
  2. DE Hert M, Correll CU, Bobes J, et al. Physical illness in patients with severe mental disorders. I. Prevalence, impact of medications and disparities in health care. World Psychiatry. 2011;10(1):52–77.
  3. Galderisi S, De Hert M, Del Prato S, et al. Identification and management of cardiometabolic risk in subjects with schizophrenia spectrum disorders: A Delphi expert consensus study. Eur Psychiatry. 2021;64(1):e7.
  4. German Association for Psychiatry, Psychotherapy and Psychosomatics (DGPPN e.V.) (ed.) for the Guideline Group: S3 Guideline for Schizophrenia. Abbreviated version (English), 2019, Version 1.0, last updated on 29 December 2019. Available at: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/038-009.html. Accessed 5 Aug 2022version (English), 2019, Version 1.0, last updated on 29 December 2019. Available at: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/038-009.html. Accessed 5 Aug 2022..